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4 - 0 6 - 1 3, Freitag:
Orgasmen
zählen
Null,
null, null.
Beinahe
löste sich die Haut des Zeigefingers etwas vom Wichsen ab, bevor ich
kam.
Keine
Hornhaut.
Der
zehnte Sohn ist Franzerl selbst
Und
eigentlich auch die einzige zeitgebundene Figur: Gehrock, schwarzer
Hut...
(Unbekannte)
Selbstreflexion nannte es Stach
Klar
hatte er recht, aber auch Kafkas Mitwelt und Brod damit nahmen Franz
nicht ab, dass es sich um 11 aktuelle Stücke handelte, sondern auch
um die Family, Freunde, den Bekanntenkreis oder so.
Alles
Männer; die homoerotischen Züge des neunten Sohnes, aber eigentlich
sind es wohl eher unsexuelle Verführungen, denen der Vater erliegen
kann; Vermengungen von mehreren Personen, einerseits Frauenverführer,
andererseits Kanapee-Lieger, oder Wunsch und Wirklichkeit des Vaters?
Die
Erzählung geht doch einem Höhepunkt entgegen, und dann Schluss (der
elfte Sohn spricht bereits mit dem Vater, das machen die anderen
nicht)...
1919
erstpubliziert; wann vorher entstanden?
Wenn
ich mich recht entsinne nur in einer Schreibmaschinenfassung erhalten
gewesen.
Stach2,
Reiner Stach: "Kafka Die Jahre der Erkenntnis", Frankfurt
am Main 2008; S. 650, Bemerkung 8.
Schwänger
mich!
Kafkas
elf Söhne, 2: So oft hat er abgespritzt?
An
einem Tage, seinem Leben.
Doof
bin ich
Manchmal.
Dieses
und jenes vergessen
Da
muss man nicht gleich dement sein, die 2te Folge von Twin Peaks zu
schauen, und was noch? Vergessen (hehe, nicht wirklich, weiß ich
nicht, aber nicht wirklich).
Na
ja
Nicht
wirklich ein Dialog, sondern der Vater meint den Blick des elften
Sohnes zu lesen, dass dieser durch seine Flatterhaftigkeit die
Familie zerstören könnte, indem er den Vater mitnähme, wenn der
sich ihm anvertrauen würde.
Oder
wenn er ihm Vertrauen entgegensetzen würde (also doch vertrauen
würde).
Flugbereitschaft
Fluchtbereitschaft?
Fliegen,
das große Unbekannte
Anno
1920; aber auch Fliegen, es gibt Milliarden oder so, kennt man sie,
kann man sich irren?
"Frisst
Scheiße, Millionen Fliegen können sich nicht irren."
Franz
Kafka: Ein Bericht für eine Akademie
Sie
erweisen mir die Ehre, mich aufzufordern, der Akademie einen Bericht
über mein äffisches Vorleben einzureichen.
In
diesem Sinne kann ich leider der Aufforderung nicht nachkommen.
Nahezu fünf Jahre trennen mich vom Affentum, eine Zeit, kurz
vielleicht am Kalender gemessen, unendlich lang aber durch zu
galoppieren, so wie ich es getan habe, streckenweise begleitet von
vortrefflichen Menschen, Ratschlägen, Beifall und Orchestralmusik,
aber im Grunde allein, denn alle Begleitung hielt sich, um im Bilde
zu bleiben, weit vor der Barriere. Diese Leistung wäre unmöglich
gewesen, wenn ich eigensinnig hätte an meinem Ursprung, an den
Erinnerungen der Jugend festhalten wollen. Gerade Verzicht auf jeden
Eigensinn war das oberste Gebot, das ich mir auferlegt hatte; ich,
freier Affe, fügte mich diesem Joch. Dadurch verschlossen sich mir
aber ihrerseits die Erinnerungen immer mehr. War mir zuerst die
Rückkehr, wenn die Menschen gewollt hätten, freigestellt durch das
ganze Tor, das der Himmel über der Erde bildet, wurde es
gleichzeitig mit meiner vorwärts gepeitschten Entwicklung immer
niedriger und enger; wohler und eingeschlossener fühlte ich mich in
der Menschenwelt; der Sturm, der mir aus meiner Vergangenheit nach
blies, sänftigte sich; heute ist es nur ein Luftzug, der mir die
Fersen kühlt; und das Loch in der Ferne, durch das er kommt und
durch das ich einstmals kam, ist so klein geworden, dass ich, wenn
überhaupt die Kräfte und der Wille hinreichen würden, um bis
dorthin zurück zu laufen, das Fell vom Leib mir schinden müsste, um
durchzukommen. Offen gesprochen, so gerne ich auch Bilder wähle für
diese Dinge, offen gesprochen: Ihr Affentum, meine Herren, so ferne
Sie etwas Derartiges hinter sich haben, kann ihnen nicht ferner sein
als mir das meine. An der Ferse aber kitzelt es jeden, der hier auf
Erden geht: den kleinen Schimpansen wie den großen Achilles.
In
eingeschränktestem Sinn aber kann ich doch vielleicht ihre Anfrage
beantworten und ich tue es sogar mit großer Freude. Das erste, was
ich lernte, war: den Handschlag geben; Handschlag bezeugt Offenheit;
mag nun heute, wo ich auf dem Höhepunkte meiner Laufbahn stehe, zu
jenem ersten Handschlag auch das offene Wort hinzukommen. Es wird
für die Akademie nichts wesentlich Neues beibringen und weit hinter
dem zurückbleiben, was man von mir verlangt hat und was ich beim
besten Willen nicht sagen kann - immerhin, es soll die Richtlinie
zeigen, auf welcher ein gewesener Affe in die Menschenwelt
eingedrungen ist und sich dort festgesetzt hat. Doch dürfte ich
selbst das Geringfügige, was folgt, gewiss nicht sagen, wenn ich
meiner nicht völlig sicher wäre und meine Stellung auf allen großen
Varietébühnen der zivilisierten Welt sich nicht bis zur
Unerschütterlichkeit gefestigt hätte: Ich stamme von der Goldküste.
Darüber, wie ich eingefangen wurde, bin ich auf fremde Berichte
angewiesen. Eine Jagdexpedition der Firma Hagenbeck - mit dem Führer
habe ich übrigens seither schon manche gute Flasche Rotwein geleert
- lag im Ufergebüsch auf dem Anstand, als ich am Abend inmitten
eines Rudels zur Tränke lief. Man schoss; ich war der einzige, der
getroffen wurde; ich bekam zwei Schüsse. Einen in die Wange; der war
leicht; hinterließ aber eine große ausrasierte rote Narbe, die mir
den widerlichen, ganz und gar unzutreffenden, förmlich von einem
Affen erfundenen Namen Rotpeter eingetragen hat, so als unterschiede
ich mich von dem unlängst krepierten, hier und da bekannten,
dressierten Affentier Peter nur durch den roten Fleck auf der Wange.
Dies nebenbei.
Der
zweite Schuss traf mich unterhalb der Hüfte. Er war schwer, er hat
es verschuldet, dass ich noch heute ein wenig hinke. Letzthin las ich
in einem Aufsatz irgendeines der zehntausend Windhunde, die sich in
den Zeitungen über mich auslassen: meine Affennatur sei noch nicht
ganz unterdrückt; Beweis dessen sei, dass ich, wenn Besucher kommen,
mit Vorliebe die Hosen ausziehe, um die Einlaufstelle jenes Schusses
zu zeigen. Dem Kerl sollte jedes Fingerchen seiner schreibenden Hand
einzeln weg geknallt werden. Ich, ich darf meine Hosen ausziehen, vor
wem es mir beliebt; man wird dort nichts finden als einen wohl
gepflegten Pelz und die Narbe nach einem - wählen wir hier zu einem
bestimmten Zwecke ein bestimmtes Wort, das aber nicht missverstanden
werden wolle - die Narbe nach einem frevelhaften Schuss. Alles liegt
offen zutage; nichts ist zu verbergen; kommt es auf Wahrheit an,
wirft jeder Großgesinnte die allerfeinsten Manieren ab. Würde
dagegen jener Schreiber die Hosen ausziehen, wenn Besuch kommt, so
hätte dies allerdings ein anderes Ansehen und ich will es als
Zeichen der Vernunft gelten lassen, dass er es nicht tut. Aber dann
mag er mir auch mit seinem Zartsinn vom Halse bleiben!
Nach
jenen Schüssen erwachte ich - und hier beginnt allmählich meine
eigene Erinnerung - in einem Käfig im Zwischendeck des
Hagenbeckschen Dampfers. Es war kein vierwandiger Gitterkäfig;
vielmehr waren nur drei Wände an einer Kiste festgemacht; die Kiste
also bildete die vierte Wand. Das Ganze war zu niedrig zum
Aufrechtstehen und zu schmal zum Niedersitzen. Ich hockte deshalb mit
eingebogenen, ewig zitternden Knien, und zwar, da ich zunächst
wahrscheinlich niemanden sehen und immer nur im Dunkel sein wollte,
zur Kiste gewendet, während sich mir hinten die Gitterstäbe ins
Fleisch einschnitten. Man hält eine solche Verwahrung wilder Tiere
in der allerersten Zeit für vorteilhaft, und ich kann heute nach
meiner Erfahrung nicht leugnen, dass dies im menschlichen Sinn
tatsächlich der Fall ist.
Daran
dachte ich aber damals nicht. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben
ohne Ausweg; zumindest geradeaus ging es nicht; geradeaus vor mir war
die Kiste, Brett fest an Brett gefügt. Zwar war zwischen den
Brettern eine durchlaufende Lücke, die ich, als ich sie zuerst
entdeckte, mit dem glückseligen Heulen des Unverstandes begrüßte,
aber diese Lücke reichte bei weitem nicht einmal zum Durchstecken
des Schwanzes aus und war mit aller Affenkraft nicht zu verbreitern.
Ich
soll, wie man mir später sagte, ungewöhnlich wenig Lärm gemacht
haben, woraus man schloss, dass ich entweder bald eingehen müsse
oder dass ich, falls es mir gelingt, die erste kritische Zeit zu
überleben, sehr dressurfähig sein werde. Ich überlebte diese Zeit.
Dumpfes Schluchzen, schmerzhaftes Flöhe suchen, müdes Lecken einer
Kokosnuss, Beklopfen der Kistenwand mit dem Schädel, Zungen-Blecken,
wenn mir jemand nahekam, - das waren die ersten Beschäftigungen in
dem neuen Leben. In alledem aber doch nur das eine Gefühl: kein
Ausweg. Ich kann natürlich das damals affenmäßig Gefühlte heute
nur mit Menschenworten nachzeichnen und verzeichne es infolgedessen,
aber wenn ich auch die alte Affenwahrheit nicht mehr erreichen kann,
wenigstens in der Richtung meiner Schilderung liegt sie, daran ist
kein Zweifel.
Ich
hatte doch so viele Auswege bisher gehabt und nun keinen mehr. Ich
war festgerannt. Hätte man mich angenagelt, meine Freizügigkeit
wäre dadurch nicht kleiner geworden. Warum das? Kratz dir das
Fleisch zwischen den Fußzehen auf, du wirst den Grund nicht finden:
Drück dich hinten gegen die Gitterstange, bis sie dich fast
zweiteilt, du wirst den Grund nicht finden. Ich hatte keinen Ausweg,
musste mir ihn aber verschaffen, denn ohne ihn konnte ich nicht
leben. Immer an dieser Kistenwand - ich wäre unweigerlich verreckt.
Aber Affen gehören bei Hagenbeck an die Kistenwand - nun, so hörte
ich auf, Affe zu sein. Ein klarer, schöner Gedankengang, den ich
irgendwie mit dem Bauch ausgeheckt haben muss, denn Affen denken mit
dem Bauch.
Ich
habe Angst, dass man nicht genau versteht, was ich unter Ausweg
verstehe. Ich gebrauche das Wort in seinem gewöhnlichsten und
vollsten Sinn. Ich sage absichtlich nicht Freiheit. Ich meine nicht
dieses große Gefühl der Freiheit nach allen Seiten. Als Affe kannte
ich es vielleicht und ich habe Menschen kennen gelernt, die sich
danach sehnen. Was mich aber anlangt, verlangte ich Freiheit weder
damals noch heute. Nebenbei: mit Freiheit betrügt man sich unter
Menschen allzu oft. Und so wie die Freiheit zu den erhabensten
Gefühlen zählt, so auch die entsprechende Täuschung zu den
erhabensten. Oft habe ich in den Varietés vor meinem Auftreten
irgendein Künstlerpaar oben an der Decke an Trapezen hantieren
sehen. Sie schwangen sich, sie schaukelten, sie sprangen, sie
schwebten einander in die Arme, einer trug den anderen an den Haaren
mit dem Gebiss. "Auch das ist Menschenfreiheit", dachte
ich, "selbstherrliche Bewegung." Du Verspottung der
heiligen Natur! Kein Bau würde standhalten vor dem Gelächter des
Affentums bei diesem Anblick.
Nein,
Freiheit wollte ich nicht. Nur einen Ausweg; rechts, links, wohin
immer; ich stellte keine anderen Forderungen; sollte der Ausweg auch
nur eine Täuschung sein; die Forderung war klein, die Täuschung
würde nicht größer sein. Weiterkommen, weiterkommen! Nur nicht mit
aufgehobenen Armen stille stehn, angedrückt an eine Kistenwand.
Heute
sehe ich klar: ohne größte innere Ruhe hätte ich nie entkommen
können. Und tatsächlich verdanke ich vielleicht alles, was ich
geworden bin, der Ruhe, die mich nach den ersten Tagen dort im Schiff
überkam. Die Ruhe wiederum aber verdankte ich wohl den Leuten vom
Schiff.
Es
sind gute Menschen, trotz allem. Gerne erinnere ich mich noch heute
an den Klang ihrer schweren Schritte, der damals in meinem Halbschlaf
widerhallte. Sie hatten die Gewohnheit, alles äußerst langsam in
Angriff zu nehmen. Wollte sich einer die Augen reiben, so hob er die
Hand wie ein Hängegewicht. Ihre Scherze waren grob, aber herzlich.
Ihr Lachen war immer mit einem gefährlich klingenden aber nichts
bedeutenden Husten gemischt. Immer hatten sie im Mund etwas zum
Ausspeien und wohin sie ausspieen war ihnen gleichgültig. Immer
klagten sie, dass meine Flöhe auf sie überspringen; aber doch waren
sie mir deshalb niemals ernstlich böse; sie wussten eben, dass in
meinem Fell Flöhe gedeihen und dass Flöhe Springer sind; damit
fanden sie sich ab. Wenn sie dienstfrei waren, setzten sich manchmal
einige im Halbkreis um mich nieder; sprachen kaum, sondern gurrten
einander nur zu; rauchten, auf Kisten ausgestreckt, die Pfeife;
schlugen sich aufs Knie, sobald ich die geringste Bewegung machte;
und hie und da nahm einer einen Stecken und kitzelte mich dort, wo es
mir angenehm war. Sollte ich heute eingeladen werden, eine Fahrt auf
diesem Schiff mitzumachen, ich würde die Einladung gewiss ablehnen,
aber ebenso gewiss ist, dass es nicht nur hässliche Erinnerungen
sind, denen ich dort im Zwischendeck nachhängen könnte.
Die
Ruhe, die ich mir im Kreise dieser Leute erwarb, hielt mich vor allem
von jedem Fluchtversuch ab. Von heute aus gesehen scheint es mir, als
hätte ich zumindest geahnt, dass ich einen Ausweg finden müsse,
wenn ich leben wolle, dass dieser Ausweg aber nicht durch Flucht zu
erreichen sei. Ich weiß nicht mehr, ob Flucht möglich war, aber ich
glaube es; einem Affen sollte Flucht immer möglich sein. Mit meinen
heutigen Zähnen muss ich schon beim gewöhnlichen Nüsse knacken
vorsichtig sein, damals aber hätte es mir wohl im Lauf der Zeit
gelingen müssen, das Türschloss durchzubeißen. Ich tat es nicht.
Was wäre damit auch gewonnen gewesen? Man hätte mich, kaum war der
Kopf hinaus gesteckt, wieder eingefangen und in einen noch
schlimmeren Käfig gesperrt; oder ich hätte mich unbemerkt zu
anderen Tieren, etwa zu den Riesenschlangen mir gegenüber flüchten
können und mich in ihren Umarmungen ausgehaucht; oder es wäre mir
gar gelungen, mich bis aufs Deck zu stehlen und über Bord zu
springen, dann hätte ich ein Weilchen auf dem Weltmeer geschaukelt
und wäre ersoffen. Verzweiflungstaten. Ich rechnete nicht so
menschlich, aber unter dem Einfluss meiner Umgebung verhielt ich mich
so, wie wenn ich gerechnet hätte.
Ich
rechnete nicht, wohl aber beobachtete ich in aller Ruhe. Ich sah
diese Menschen auf und ab gehen, immer die gleichen Gesichter, die
gleichen Bewegungen, oft schien es mir, als wäre es nur einer.
Dieser Mensch oder diese Menschen gingen also unbehelligt. Ein hohes
Ziel dämmerte mir auf. Niemand versprach mir, dass, wenn ich so wie
sie werden würde, das Gitter aufgezogen werde. Solche Versprechungen
für scheinbar unmögliche Erfüllungen werden nicht gegeben. Löst
man aber die Erfüllungen ein, erscheinen nachträglich auch die
Versprechungen genau dort, wo man sie früher vergeblich gesucht hat.
Nun war an diesen Menschen an sich nichts, was mich sehr verlockte.
Wäre ich ein Anhänger jener erwähnten Freiheit, ich hätte gewiss
das Weltmeer dem Ausweg vorgezogen, der sich mir im trüben Blick
dieser Menschen zeigte. Jedenfalls aber beobachtete ich sie schon
lange vorher, ehe ich an solche Dinge dachte, ja die angehäuften
Beobachtungen drängten mich erst in die bestimmte Richtung.
Es
war so leicht, die Leute nachzuahmen. Spucken konnte ich schon in den
ersten Tagen. Wir spuckten einander dann gegenseitig ins Gesicht; der
Unterschied war nur, dass ich mein Gesicht nachher rein leckte, sie
ihres nicht. Die Pfeife rauchte ich bald wie ein Alter; drückte ich
dann auch noch den Daumen in den Pfeifenkopf, jauchzte das ganze
Zwischendeck; nur den Unterschied zwischen der leeren und der
gestopften Pfeife verstand ich lange nicht.
Die
meiste Mühe machte mir die Schnapsflasche. Der Geruch peinigte mich;
ich zwang mich mit allen Kräften; aber es vergingen Wochen, ehe ich
mich überwand. Diese inneren Kämpfe nahmen die Leute
merkwürdigerweise ernster als irgend etwas sonst an mir. Ich
unterscheide die Leute auch in meiner Erinnerung nicht, aber da war
einer, der kam immer wieder, allein oder mit Kameraden, bei Tag, bei
Nacht, zu den verschiedensten Stunden; stellte sich mit der Flasche
vor mich hin und gab mir Unterricht. Er begriff mich nicht, er wollte
das Rätsel meines Seins lösen. Er entkorkte langsam die Flasche und
blickte mich dann an, um zu prüfen, ob ich verstanden habe; ich
gestehe, ich sah ihm immer mit wilder, mit überstürzter
Aufmerksamkeit zu; einen solchen Menschenschüler findet kein
Menschenlehrer auf dem ganzen Erdenrund; nachdem die Flasche entkorkt
war, hob er sie zum Mund; ich mit meinen Blicken ihm nach bis in die
Gurgel; er nickt, zufrieden mit mir, und setzt die Flasche an die
Lippen; ich, entzückt von allmählicher Erkenntnis, kratze mich
quietschend der Länge und Breite nach, wo es sich trifft; er freut
sich, setzt die Flasche an und macht einen Schluck; ich, ungeduldig
und verzweifelt, ihm nachzueifern, verunreinige mich in meinem Käfig,
was wieder ihm große Genugtuung macht; und nun weit die Flasche von
sich streckend und im Schwung sie wieder hinaufführend, trinkt er
sie, übertrieben lehrhaft zurück gebeugt, mit einem Zuge leer. Ich,
ermattet von allzu großem Verlangen, kann nicht mehr folgen und
hänge schwach am Gitter, während er den theoretischen Unterricht
damit beendet, dass er sich den Bauch streicht und grinst.
Nun
erst beginnt die praktische Übung. Bin ich nicht schon allzu
erschöpft durch das Theoretische? Wohl, allzu erschöpft. Das gehört
zu meinem Schicksal. Trotzdem greife ich, so gut ich kann, nach der
hin gereichten Flasche; entkorke sie zitternd; mit dem Gelingen
stellen sich allmählich neue Kräfte ein; ich hebe die Flasche, vom
Original schon kaum zu unterscheiden; setze sie an und - und werfe
sie mit Abscheu, mit Abscheu, trotzdem sie leer ist und nur noch der
Geruch sie füllt, werfe sie mit Abscheu auf den Boden. Zur Trauer
meines Lehrers, zur größeren Trauer meiner selbst; weder ihn, noch
mich versöhne ich dadurch, dass ich auch nach dem Wegwerfen der
Flasche nicht vergesse, ausgezeichnet meinen Bauch zu streichen und
dabei zu grinsen.
Allzu
oft nur verlief so der Unterricht. Und zur Ehre meines Lehrers: er
war mir nicht böse; wohl hielt er mir manchmal die brennende Pfeife
ans Fell, bis es irgendwo, wo ich nur schwer hinreichte, zu glimmen
anfing, aber dann löschte er es selbst wieder mit seiner riesigen
guten Hand; er war mir nicht böse, er sah ein, dass wir auf der
gleichen Seite gegen die Affennatur kämpften und dass ich den
schwereren Teil hatte.
Was
für ein Sieg dann allerdings für ihn wie für mich, als ich eines
Abends vor großem Zuschauerkreis - vielleicht war ein Fest, ein
Grammophon spielte, ein Offizier erging sich zwischen den Leuten -
als ich an diesem Abend, gerade unbeachtet, eine vor meinem Käfig
versehentlich stehen gelassene Schnapsflasche ergriff, unter
steigender Aufmerksamkeit der Gesellschaft sie schulgerecht
entkorkte, an den Mund setzte und ohne Zögern, ohne Mundverziehen,
als Trinker von Fach, mit rund gewälzten Augen, schwappender Kehle,
wirklich und wahrhaftig leer trank; nicht mehr als Verzweifelter,
sondern als Künstler die Flasche hinwarf; zwar vergaß den Bauch zu
streichen; dafür aber, weil ich nicht anders konnte, weil es mich
drängte, weil mir die Sinne rauschten, kurz und gut "Hallo!"
ausrief, in Menschenlaut ausbrach, mit diesem Ruf in die
Menschengemeinschaft sprang und ihr Echo: "Hört nur, er
spricht!" wie einen Kuss auf meinem ganzen schweißtriefenden
Körper fühlte.
Ich
wiederhole: es verlockte mich nicht, die Menschen nachzuahmen; ich
ahmte nach, weil ich einen Ausweg suchte, aus keinem anderen Grund.
Auch war mit jenem Sieg noch wenig getan. Die Stimme versagte mir
sofort wieder; stellte sich erst nach Monaten ein; der Widerwille
gegen die Schnapsflasche kam sogar noch verstärkter. Aber meine
Richtung allerdings war mir ein für allemal gegeben.
Als
ich in Hamburg dem ersten Dresseur übergeben wurde, erkannte ich
bald die zwei Möglichkeiten, die mir offenstanden: Zoologischer
Garten oder Varieté. Ich zögerte nicht. Ich sagte mir: setze alle
Kraft an, um ins Varieté zu kommen; das ist der Ausweg; Zoologischer
Garten ist nur ein neuer Gitterkäfig; kommst du in ihn, bist du
verloren.
Und
ich lernte, meine Herren. Ach, man lernt, wenn man muss; man lernt,
wenn man einen Ausweg will; man lernt rücksichtslos. Man
beaufsichtigt sich selbst mit der Peitsche; man zerfleischt sich beim
geringsten Widerstand. Die Affennatur raste, sich überkugelnd, aus
mir hinaus und weg, so dass mein erster Lehrer selbst davon fast
äffisch wurde, bald den Unterricht aufgeben und in eine Heilanstalt
gebracht werden musste. Glücklicherweise kam er wieder bald hervor.
Aber
ich verbrauchte viele Lehrer, ja sogar einige Lehrer gleichzeitig.
Als ich meiner Fähigkeiten schon sicherer geworden war, die
Öffentlichkeit meinen Fortschritten folgte, meine Zukunft zu
leuchten begann, nahm ich selbst Lehrer auf, ließ sie in fünf
aufeinanderfolgenden Zimmern niedersetzen und lernte bei allen
zugleich, indem ich ununterbrochen aus einem Zimmer ins andere
sprang.
Diese
Fortschritte! Dieses Eindringen der Wissensstrahlen von allen Seiten
ins erwachende Hirn! Ich leugne nicht: es beglückte mich. Ich
gestehe aber auch ein: ich überschätzte es nicht, schon damals
nicht, wie viel weniger heute. Durch eine Anstrengung, die sich
bisher auf der Erde nicht wiederholt hat, habe ich die
Durchschnittsbildung eines Europäers erreicht. Das wäre an sich
vielleicht gar nichts, ist aber insofern doch etwas, als es mir aus
dem Käfig half und mir diesen besonderen Ausweg, diesen
Menschenausweg verschaffte. Es gibt eine ausgezeichnete deutsche
Redensart: sich in die Büsche schlagen; das habe ich getan, ich habe
mich in die Büsche geschlagen. Ich hatte keinen anderen Weg, immer
vorausgesetzt, dass nicht die Freiheit zu wählen war.
Überblicke
ich meine Entwicklung und ihr bisheriges Ziel, so klage ich weder,
noch bin ich zufrieden. Die Hände in den Hosentaschen, die
Weinflasche auf dem Tisch, liege ich halb, halb sitze ich im
Schaukelstuhl und schaue aus dem Fenster. Kommt Besuch, empfange ich
ihn, wie es sich gebührt. Mein Impresario sitzt im Vorzimmer; läute
ich, kommt er und hört, was ich zu sagen habe. Am Abend ist fast
immer Vorstellung, und ich habe wohl kaum mehr zu steigernde Erfolge.
Komme ich spät nachts von Banketten, aus wissenschaftlichen
Gesellschaften, aus gemütlichem Beisammensein nach Hause, erwartet
mich eine kleine halb dressierte Schimpansin und ich lasse es mir
nach Affenart bei ihr wohl gehen. Bei Tag will ich sie nicht sehen;
sie hat nämlich den Irrsinn des verwirrten dressierten Tieres im
Blick; das erkenne nur ich und ich kann es nicht ertragen.
Im
Ganzen habe ich jedenfalls erreicht, was ich erreichen wollte. Man
sage nicht, es wäre der Mühe nicht wert gewesen. Im übrigen will
ich keines Menschen Urteil, ich will nur Kenntnisse verbreiten, ich
berichte nur, auch ihnen, hohe Herren von der Akademie, habe ich nur
berichtet.
Lady
Gagas Pose
Ich
ging ihr an die Hose.
Bei
Nivea am Anfang schrieb ich wenig
Wir
fickten ja.
Deborah
war besser, aber "Pretty Woman" ist sehr gut
Ich
hatte ja die Über-Julia Roberts im Arm, zumindest fast.
Meistens
indirekt
In
meinen 08er Anfangstagebüchern scheint der Deutschstudent echt
durch, die Literatur.
Mindestens
indirekt.
"More"
I
want it, von vielen Deborah-Loveversionen geträumt, ohne sie,
eigentlich über die elektronischen Tagebücher der Zeit.
Seltene,
tagelange grippale Infekte
Ich
war als Schüler immer gesund, als Student anfänglich auch, das
Studium machte Spaß, scheiterte bisher am Geldmangel, auch dem
Schreiben, dass ich so viel aufzuholen hatte (ebenfalls ein
Gelddefizitefaktor), CD's, Computer, Video und so weiter.
Beziehungsunerfahrenheit
kam hinzu.
25
Jahre nach der Auflösung
1995
waren die Beatles die erfolgreichsten Interpreten in den USA (und
John Lennon da bereits lange tot, vor den "Anthologies").
Sexy
war sie
Meine
österreichische Literaturwissenschaftsdozentin, setzte das durchaus
auch ein, bei Studenten, aber konnte ihr Wissen nicht
auseinanderdividieren (Französisch, Deutsch, Englisch, Jandl, Celan,
die Poesie), wertete in der Klausur knallhart, Schwafler kamen nicht
durch, Berga schrieb ne 1 - (als Einzige, und sie strebte doch!
Freund in Klagenfurt, Studium in Wien, selten "Zuhause",
was macht man da, Frau?). Schleimer fielen durch, man musste nur das
wissen, was in dem Kurs vorkam, davon aber alles, ich übte
uneffektiv, wusste dann auch etwas zu viel auf einmal, konnte das
Wissen dann ebenfalls nicht strukturieren, bekam ne 3 + (wie
vermutet, nach der Klausurabgabe, ne 3 minus schloss ich auch nicht
aus, meine erste oder zweite Studiklausur, in der alternativ ersten,
zweiten hatte ich ne 1-Option, in Englisch, bekam ne 2 +; ja, auch an
der Uni bewegte ich mich in diesen Zensurbereichen, am Anfang, nur
bei der Rotfrau nicht, ein Jane Austen-Versagen, ne 4 gar).
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